Für Lieberknecht ebenfalls wichtig: Wandern kennt keine Grenzen. Fast alle Thüringer Wandervereine hätten Verbindungen in die Nachbarländer. Und selbst in der DDR habe das Wandern etwa mit dem Internationalen Bergwanderweg der Freundschaft von Eisenach nach Budapest immer auch einen verbindenden Charakter gehabt und für Toleranz gesorgt. „Wandern verbindet“, sagt sie, „es sorgt seit jeher für ein gutes Miteinander.“
DWV-Präsident Rauchfuß sieht den Verband auch deswegen als kompetenten Berater wenn es darum geht, das Miteinander verschiedener Akteure in der Landschaft zu begleiten. „Hier gibt es eine lange Tradition, die wegen des zunehmenden Drucks auf unsere Landschaften immer wertvoller wird“, so Rauchfuß. So habe der Verband im Jahr 2019 die Resolution „Ein Raum - viele Perspektiven“ beschlossen, in der der DWV feststellt, dass alle Natursporttreibenden grundsätzlich das Recht auf ein Naturerleben haben und Waldeigentümer, Forst- sowie Landwirtschaft als „Gastgeber“ eine wichtige gesellschaftliche Rolle übernehmen.
Ein Feld, das durch besonders viele und manchmal kaum in Übereinstimmung zu bringende Perspektiven gekennzeichnet ist, ist der Naturschutz. Bereits im Jahr 1900 erhob der Verband den „Schutz der Naturschönheiten“ zu seinen Verbandszielen, in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre wurden die Gebirgs- und Wandervereine nach § 29 des damals neu geschaffenen Bundesnaturschutzgesetzes als Naturschutzverbände anerkannt.
Seitdem werden sie bei Eingriffen in den Naturhaushalt an öffentlichen Naturschutzplanungen beteiligt. Der DWV-Präsident weißt auf einen Spagat hin, den der DWV gerade bei diesem Thema immer wieder leisten muss: „Wir sind zugleich Naturschützer und Naturnutzer, treten ein für den Erhalt von Biotopen oder naturnahen Wegen aber auch für den Erhalt des Freie Betretungsrechts.“ Himmelsbach sieht im Naturschutz eine wichtige Schnittstelle zur Kultur. Beides hänge in der vom Menschen geprägten Kulturlandschaft eng zusammen. „Hecken, Streuobstwiesen, Steinbrüche oder Alleen: All das kann charakteristisch sein für die Kultur einer Region und all das sind wichtige Lebensräume für Tiere und Pflanzen“, so Himmelsbach.
Ein anderes Beispiel nennt Lieberknecht. Das Grüne Band. Es sei Schutzraum für eine einzigartige Artenvielfalt und mache zugleich die ehemalige deutsch-deutsche Grenze erlebbar. Mit seinen Gedenkstätten und Museen zeige es nicht nur, wie die Diktatur funktioniert habe, sondern auch den Wert von Demokratie „und dass es lohnt, etwas für deren Erhalt zu tun“.
Lieberknecht freut sich darüber, dass der DWV gerade dabei ist, für den Thüringer Teil des Grünen Bandes eine Wanderwegekonzeption zu erarbeiten, die all diese Aspekte beinhalte. Hier wie auch bei vielen anderen Themen wie der Zukunft des Waldes oder des Tourismus ist die Expertise des DWV gefragt. „Aber besonders beim Fußverkehr sind wir seit 140 Jahren Experten“, so die ehemalige Ministerpräsidentin. Himmelsbach ergänzt: ,,Beratung, Stellungnamen und Lobbyarbeit etwa in Form eines geschlossenen Auftretens gegenüber Politik und Behörden waren schon kurz nach der Gründung des Verbands wesentliche Aufgaben des DWV.“