Der Naturschutz hat im Deutschen Wanderverband große Bedeutung. Fast 300 Projekte hat eine Recherche im vergangenen Jahr zu Tage befördert. Eine Zwischenbilanz.

Mit dem Ziel, Licht in die vielfältigen Naturschutzaktivitäten der Organisationen unter dem Dach des Deutschen Wanderverbandes (DWV) zu bringen, ist im Sommer 2019 auf Antrag der Naturschutzwarte eine FÖJ-Stelle (Freiwilliges Ökologisches Jahr) in der DWV-Geschäftsstelle eingerichtet worden. DWV-Naturschutzwart Theo Arend: „Wir wussten zwar immer, dass es viele Natur- und Artenschutzprojekte in den Reihen der im DWV organisierten landesweiten und regionalen Gebirgs- und Wandervereine gibt. Viel mehr aber auch nicht. Das war schade, wenn zum Beispiel Medien oder auch Schulen auf uns zukamen, um etwas über den Naturschutz im Verband zu erfahren.“

Inzwischen ist fast ein Jahr vorbei. Und Jan Rölke, den der Verband als „FÖJ-ler“ im August 2019 für die Initiative einstellte, hat viel recherchiert: „Bis Ende 2020 haben wir fast 300 Naturschutzprojekte aufgenommen und dabei stehen noch Rückmeldung aus etwa 30 Vereinen aus.“ Schwerpunkte des ehrenamtlichen Engagements sind die Biotoppflege, die Renaturierung von Flächen sowie der Artenschutz. Auch Lehrpfade und Informationsveranstaltungen für die Öffentlichkeit haben sich einige Organisationen zur Aufgabe gemacht.

Der Schwarzwaldverein bestellt eine Ackerfläche im Naturschutzgebiet "Galgenloch" seit über 30 Jahren mit Urgetreide.
Der Schwarzwaldverein bestellt eine Ackerfläche im Naturschutzgebiet "Galgenloch" seit über 30 Jahren mit Urgetreide. © A. Hofer-Neumann

Spitzenreiter sind laut Rölke Initiativen rund um die Landschaftspflege, von denen der Geschäftsstelle bislang 134 gemeldet wurden. So arbeitet allein die Sektion Lindberg-Falkenstein des Bayerischen Wald-Vereins etwa 80 Stunden im Jahr daran, sieben Flächen zwischen den Orten Bayerisch Eisenstein und Ludwigsthal vom Knöterich zu befreien. Dank dieser sehr aufwendigen Arbeit, bei der die junge Pflanze mehrfach direkt über dem Boden geschnitten, gehäckselt und schließlich kompostiert wird, sind bereits vier Felder wieder vom Knöterich befreit und bieten einer Reihe heimischer Pflanzen neuen Lebensraum. Mit der Bestellung einer Ackerfläche mit Urgetreide beschäftigt sich seit über 30 Jahren der Schwarzwaldverein. Durch Verzicht auf Pflanzenschutz, Mineraldünger und zu enge Aussaat entsteht eine artenreiche Ackerbegleitflora. „Lerchenfenster" im Acker ermöglichen Bodenbrütern das Aufziehen der Jungen. Auch in Norddeutschland arbeiten Ehrenamtliche für den Naturschutz. Die im Wanderverband Norddeutschland organisierten Wanderfreunde Nordheide zum Beispiel kümmern sich um ein 60 Hektar großes Gelände im Naturschutzgebiet „Brunsberg“. Dort verhindern sie die Verbuschung und Ausbreitung von Birken und Kiefern mit dem Ziel, die einzigartige Heidelandschaft für kommende Generationen zu erhalten.

 

Ein besonders gelungenes Beispiel für die Naturschutzarbeit eines Vereins ist laut Rölke eine grenzüberschreitende Initiative des Erzgebirgsvereins, die bei Kindern und Jugendlichen ein größeres Bewusstsein für ökologische und soziale Zusammenhänge schafft. „Ad Fontes“ ist im Rahmen des Kooperationsprogramms INTERREG VA zwischen dem Freistaat Sachsen und der Tschechischen Republik unter dem Titel „Hallo Nachbar. Ahoj sousede“ entstanden. Neben dem Erzgebirgsverein sind der touristische Jugendverband Asociace turistických oddílu mládeže CR – kurz ATOM – und das Umweltzentrum Dresden an dem Projekt beteiligt. Alle Projektpartner entwickeln zu speziellen Themen einzelnen Module mit einem pädagogischen Leitfaden. Angeboten werden die Module in mehrtägigen Programmen für Kinder- und Jugendgruppen von Vereinen, Schulen und Bildungseinrichtungen beiderseits der Grenze sowie mit gemischten tschechischen und deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die vom Erzgebirgsverein entwickelten Module beschäftigen sich mit der Kulturgeschichte und Natur der Region. Im Modul „Im Reich der Naturgeister“ geht es um die Natur als lebendes Wesen. Neben der reinen Wissensvermittlung steht hier vor allem das Erleben der Natur als Lebewesen auf dem Programm. Dabei können die Kinder und Jugendlichen zwischen verschiedenen Aspekten wählen. Im „Reich der Moorgeister“ etwa werden Moore als geheimnisvolle Lebensräume und wichtige Wasserspeicher mit vielfältigen Funktionen für die Landschaft erlebt. Dabei erforschen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die besonderen Lebensbedingungen von Pflanzen und Tieren und erfahren viel über die Funktionen, die Moore in der Landschaft haben und welchen Nutzen der Mensch daraus zieht. Andere Aspekte des Moduls sind Gebirgsbäche, der Boden und Berge. Zu den einzelnen Themen gibt es „Forschungsbücher“, die von den Kindern und Jugendlichen ausgefüllt werden und die sie dann behalten können.

Arend: „Solche Initiativen helfen nicht nur der Natur, sondern auch dem sozialen Zusammenhalt in einer Region. Besonders gefällt mir an ´Ad Fontes`, dass es zugleich den europäischen Gedanken stärkt und so ein Gegengewicht ist zu den europakritischen Stimmen, die gerade leider oft zu hören sind.“ Gerade deswegen, so Rölke, sei es gut dafür geeignet, die Arbeit der Vereine in den Medien vorzustellen und auf diese Weise zugleich für die Vereine zu werben.
Auch innerhalb der Vereine sei das Interesse groß, Informationen zu Best-Practice-Beispielen zu bekommen, sagt Rölke. „Die Sammlung von Naturschutzprojekten ist eine ideale Ideenbörse.“ Neben inhaltlichen Fragen interessierten sich die Vereine für potentielle Kooperationspartner und Fördermöglichkeiten. Auch hier biete die neue Übersicht von Naturschutzprojekten wichtige Hinweise und Kontakte. Rölke: „Die Palette möglicher Förderungen ist groß. Manche Vereine erhalten Zuschüsse von der jeweiligen Stadt oder Bezirksregierung, andere profitieren von Hilfen aus Landschaftspflegeprogrammen der Länder und wieder andere haben europäische Fördertöpfe angezapft wie den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums.“


Nach einem Jahr, so die gemeinsame Zwischenbilanz von Arend und Rölke, hat die Anzahl und Qualität der bislang recherchierten Naturschutzprojekte alle Erwartungen übertroffen. Für die Zukunft wünschen sich beide, dass Abteilungen und Ortsvereine ihre Initiativen automatisch an die jeweiligen Gebietsvereine weitergeben und diese dann den Dachverband informieren. Auf diese Weise wäre der DWV ein stets aktueller Vermittler sowohl nach außen für Medien und Schulen als auch nach Innen für die Organisationen unter dem Dach des DWV. In jedem Fall wird der DWV weiter Naturschutzprojekte zusammentragen und darüber Auskunft geben. 

Dazu hat der DWV beschlossen, das Projekt "FÖJ" fortzusetzen. Die Nachfolge von Jan Rölke tritt Lucia Fister an. Wir dürfen gespannt sein, welche Naturschutzprojekte die Vereine in Zukunft umsetzen.