Bedeutung und Wirkung von Beteiligung
Von ihrer ökologischen Bedeutung über ihre Bedeutung als Rohstoffquelle bis hin zu seiner Bedeutung für die körperliche, geistige und soziale Gesundheit der Bevölkerung – die gegenwärtigen Dynamiken in der Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktion unserer Wälder stellen gewissermaßen einen Spiegel aktueller und zukünftiger gesellschaftlicher Bedürfnisse und Herausforderungen dar. Damit zeigt sich, dass die Interessen, die an den Wald gerichtet werden, genauso vielfältig sind wie die Menschen, die in und mit ihm arbeiten oder ihn besuchen. Hier kann Beteiligung ein geeignetes Instrument sein, um den vielfältigen Perspektiven auf und Ansprüchen an den Wald gerecht zu werden.
Menschen wünschen sich ein Mitspracherecht in Bezug auf den Wald
Der Wald erfüllt zahlreiche Funktionen, die den Schutz der Natur, die Nutzung natürlicher Ressourcen und den Wald als Arbeitsplatz und Ort der Erholung berühren. Manche Menschen leben vom Wald und arbeiten in ihm. Andere wiederum verbringen Zeit im Wald, um dort Mountainbiken oder wandern zu gehen, sich mit Familie und Freunden zu treffen oder um für sich zu sein, zur Ruhe zu kommen und neue Perspektiven zu gewinnen. Wieder andere engagieren sich im Waldnaturschutz, indem sie Bäume pflanzen oder bei der Habitatpflege für bestimmte Tier- und Pflanzenarten unterstützen.
In der wachsenden Bedeutung der verschiedenen Waldfunktionen zeigt sich eine zentrale Herausforderung unserer Zeit, nämlich die Frage, wie wir unterschiedliche Nachhaltigkeitsziele wie Gesundheitsförderung, Naturschutz und die Nutzung nachwachsender Ressourcen in Einklang bringen können. Dabei wird auch deutlich: Waldpolitik ist längst keine rein forstwirtschaftliche Frage mehr, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.
Dabei ist der Wald ist für Erholungsuchende mehr als eine Kulisse, für Naturschützer*innen mehr als ein Schutzgut und für Forstleute mehr als eine wirtschaftliche Einkommensquelle. Viele Menschen in Deutschland schätzen den Wald und fühlen sich mit ihm verbunden, unabhängig von den unterschiedlichen Motiven mit welchen sie ihn aufsuchen.
Von daher ist es nicht verwunderlich, dass sich Menschen ein Mitspracherecht in Bezug auf „ihren“ Wald wünschen. Auch wenn sie wissen, dass der Wald, den sie regelmäßig besuchen, ihnen rein faktisch und rechtlich natürlich nicht gehört. Mehr zum Thema psychologisches Eigentum gibt es hier.
Insbesondere in Zeiten großer gesellschaftlicher und klimabedingter Veränderungen bilden Beteiligung und Dialog daher die Grundlage für eine gelingende waldpolitische Zukunft.
Beteiligung kann vielfältige waldpolitische Themen abdecken
Beteiligung kann ein geeignetes Instrument sein, um den vielfältigen Perspektiven auf und Ansprüchen an den Wald gerecht zu werden. Sie ermöglicht es, diese Vielfalt an Interessen in die Entscheidungsprozesse bezüglich des Umgangs mit unseren Wäldern einzubeziehen. So hat Beteiligung in Bezug auf Fragen rund um den Wald und unseren Umgang mit ihm in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.
In Beteiligungsprozessen rund um den Wald werden dabei eine Vielzahl von Themen adressiert. Hierzu gehören der Waldnaturschutz, die forstliche Planung unter Einbezug der Interessen und Bedarfe von Bürger*innen, der konstruktive Umgang miteinander im Rahmen der Freizeitnutzung des Waldes oder auch waldbezogene Konflikte. Die Beteiligungsprozesse unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Themen, sondern auch hinsichtlich des Grades der Einbindung, der Länge, des Verlaufs und der angewandten Methoden. In diesen Sinne erfordern Beteiligung und ein gelungener Dialog eine gute Vorbereitung und wollen gut durchdacht sein.
Für die Planung und eine erste Übersicht, kann es hilfreich sein, einen genaueren Blick darauf zu werfen, was Beteiligung im Genauen ausmacht und welche Chancen ein gut durchdachter Prozess mit sich bringt.
Beteiligung als kommunikativer Prozess
Allgemein betrachtet können Beteiligungen als kommunikative Prozesse verstanden werden, „in denen Personen, die qua Amt oder Mandat keinen Anspruch auf Mitwirkung an kollektiven Entscheidungen haben, die Möglichkeit erhalten, durch die Eingabe von Wissen, Präferenzen, Bewertungen und Empfehlungen auf die kollektiv wirksame Entscheidungsfindung direkten oder indirekten Einfluss zu nehmen“ (Renn 2011 zit. n. Wachinger 2020: 14).
Grade der Beteiligung und Mitwirkung in Beteiligungsprozessen
Beteiligung lässt sich zudem anhand des Grades der Einbindung und Mitwirkung definieren:
Damit ist auch die reine Information über bestimmte Maßnahmen und Vorhaben im Wald eine Form der Beteiligung. Das kann über Schilder im Wald, Flyer und Plakate oder online Veröffentlichungen erfolgen. Viele Menschen wünschen sich jedoch weitaus mehr Teilhabe und Mitsprachrecht. Ein höherer Grad der Beteiligung ist beispielsweise dann gegeben, wenn in Umfragen, Bürger*innenversammlungen und anderen Diskussionsformaten die Präferenzen und Einschätzungen der Beteiligten eingeholt werden. Bleibt die Entscheidung jedoch den Behörden oder anderen Verantwortlichen überlassen, handelt es sich um eine Konsultation.
Ein noch höherer Grad der Einbindung ist dann gegeben, wenn das Ziel darin besteht, den zu beteiligenden Menschen ein Mitspracherecht einzuräumen, das dazu führen soll, dass Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. Formate, die hier zur Anwendung kommen, sind zum Beispiel Mediationen, Runde Tische oder Planungs- und Zukunftswerkstätten (Vgl. Hilpert, 2011; Arbter et al., 2005).
Chancen der Beteiligung
Werden Beteiligungsprozesse ernst genommen und wird den hierfür erforderlichen Vorbereitungen ausreichend Zeit eingeräumt, um einen qualitativ hochwertigen Prozess zu gewährleisten, kann Beteiligung in Bezug auf den Wald eine Vielfalt von Vorteilen und Chancen mit sich bringen (Vgl. Metz, 2022; Weißschädel, 2017):
- Menschen empfinden Wald als „ihren“ Wald, für den sie sich auch verantwortlich fühlen (Psychologisches Eigentum)
- Wald ist nicht nur Ort für Freizeitaktivitäten, sondern auch wichtiger Teil der eigenen Identität
- Bürger*innen wollen mitbestimmen und Selbstwirksamkeit erfahren (u.a. deshalb engagieren sie sich in der aktiven Wiederbewaldung und formieren sich in Bürgerinitiativen)
- lokales Wissen und Erfahrungswissen werden einbezogen
- Identifikation von Themen, die für Bürger*innen in Bezug auf den Wald relevant sind
- Förderung der Akzeptanz kollektiver Entscheidungen, die die ganze Gesellschaft betreffen
- BEIDE Seiten nehmen etwas mit: Beteiligung kann Inspiration und Wissensquelle sein!
- Wissenschaft, Praxis, Politik, etc. können neue Perspektiven gewinnen
- Einladung zur Reflexion: sich selbst und die eigene Arbeit
- Verwaltungen sind nicht mehr Adressatinnen von Forderungen, sondern bringen sich als Partnerinnen auf Augenhöhe mit ein
- über die eigene Arbeit informieren und das Verstehen dieser fördern
- Einladung zur Reflexion bei Bürger*innen: was und wie sie über den Waldsektor denken
Es kann sich also lohnen, über den eigenen Tellerrand zu schauen und mehr über die Perspektiven anderer Waldnutzer*innen zu erfahren.
Links:
Beispiele für diverse Formate von Beteiligungsprozessen rund um waldpolitische Themen oder auch Konflikte um den Wald finden sich auf der Homepage der Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel der FVA:
- Dialogforum „Miteinander Wald Erleben“
- Projektwebsite „Waldeslust statt Waldesfrust! Grundlagen für einen konstruktiven Dialog in waldbezogenen Konflikten“
- Projektwebsite „Bürgerschaftliches und unternehmerisches Engagements in der aktiven Wiederbewaldung“
- Projektwebsite „Kontrastiv. Über Wald Reden“
Download:
Eine ausführlichere Darstellung, was Beteiligungsprozesse ausmacht und was bei diesen zu beachten ist, findet sich im „Leitfaden für Beteiligungsprozesse“ der Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel der FVA.
Dieser Text ist ein Beitrag der Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel der FVA Baden-Württemberg.