Der Kin­der­gar­ten „Vil­la Kun­ter­b­un­t“ in Möm­b­ris-Hohl geht je­de Wo­che wan­dern. Er­zie­he­rin Ni­co­le Jung hat im Herbst an ei­ner Let’s go – Fa­mi­li­en, Kids und Ki­tas-Fort­bil­dung des Deut­schen Wan­der­ver­bands teil­ge­nom­men und den Kon­takt zu den Wan­der­ve­r­ei­nen in Hohl und Rei­chen­bach auf­ge­nom­men. Nun geht es ge­mein­sam auf Tour. Pa­tri­cia Pitz, Fa­mi­li­en­re­fe­ren­tin im Spess­art­bund, ist mit­ge­wan­dert und be­rich­tet von ei­nem span­nen­den Tag.

Auf einem Drachen reiten, der Sichtung eines Dinosaurier-Schädels entgegenfiebern und Eisbären sehen – das kann man alles an einem einzigen Vormittag in einem ganz normalen Kindergarten im Spessart. Vorausgesetzt natürlich, man hat die nötige Phantasie und Erzieherinnen, die sich auf dieses Abenteuer einlassen. 

 

„Wir wandern heute!“, informieren mich bei meiner Ankunft die Kindergartenkinder bereits über das Vorhaben. Gefragt, wer von ihnen denn gerne wandert, gehen fast alle 22 Zeigefinger nach oben. In Zweierreihen geht es los, bis der nahe gelegene Waldweg erreicht ist, dann kann der Partner losgelassen werden. Das Ziel heute: zu schauen, ob die Wintervögel bereits angefangen haben, die Futterherzen anzuknabbern, die eine Woche zuvor aufgehängt wurden. 

 

Jeden Freitag nämlich ist Plattfußtag bei den Kindergartenkindern der „Villa Kunterbunt“ in Mömbris-Hohl. „Den Plattfußtag gibt es bei uns seit über 15 Jahren“, berichtet Leiterin Ursula Hain. Die Naturfreundin legt Wert darauf, dass kein Wandertag ausfällt. „Man darf gar nicht erst anfangen, den Tag zu verschieben, weil vielleicht das Wetter einen Tag vorher besser gemeldet ist“, erzählt sie weiter. So sei das nun bei den Eltern verinnerlicht: am letzten Tag der Kindergartenwoche brauchen die Kleinen Rucksackverpflegung und die passende Ausrüstung, denn ein Picknick im Grünen gehört auch immer dazu. In den kälteren Monaten findet das Picknick auf dem Boden des Gemeinschaftsraumes statt, was sich die Kinder selbst ausgedacht haben. 

 

Von Zeit zu Zeit kommt seit Neuestem ein Wanderfreund der Wandervereine Hohl und Reichenbach mit einem bestimmten Thema dazu. Diese Initiative geht auf Nicole Jung zurück, die auch im Wanderverein aktiv ist und damit an der Aktion des Deutschen Wanderverbandes Let’s go – Familien, Kids und Kitas teilnimmt. So wurden etwa schon Äpfel gesammelt, anschließend Apfelmus gekocht oder Borkenkäfer in einem Stück Rinde erforscht. Eine Wasserexpertin will demnächst dazu kommen und den Kindern die sogenannten „Börnchen“ zeigen. Das sind Quellen auf Äckern, die man aufspüren und sehen kann. 

 

Man merkt den Sprösslingen an, dass sie darin geübt sind, sich auf das, was die Natur ihnen bietet, einzulassen. Das heißt selbstverständlich zu klettern, sich über unwegsames Gelände zu begeben oder sich einfach aus Herzenslust auf dem Boden zu wälzen. 

 

Nicole Jung und Bianca Piel-Trageser führen und begleiten die Kinder bei diesen Expeditionen. „Für uns Erzieherinnen ist der Freitag unser Verwöhntag“, weiß Nicole Jung. „Man kann die Dinge einfach mal laufen lassen, beobachten, was den Kindern immer wieder Neues einfällt“, erzählt die Wanderin. 

 

Die Kinder haben verschiedene Anlaufpunkte, bei denen sie dann viel Zeit verbringen. An diesem Vormittag liegt etwas Schnee, die Naturentdecker finden verschiedene Fußspuren, am meisten von Vögeln, die offenbar mehrere Male Schleifen oder im Kreis gelaufen sind. Mit Schneeengeln verschiedenster Größen hinterlassen auch die Kinder ihre Spuren. Das Spannendste ist ein Tierschädel, der in einem Baum hängt. „Gleich kommt der Dickschädel“, berichtet ein Junge aufgeregt. „Der ist von einem T-Rex“, sind sich die Entdecker sicher. Daraufhin macht ein 3-Jähriger wilde Tiergeräusche. „Ich bin ein Tyrannosaurus Rex!“, brüllt er. „Nee, du bist der Karl, ein Menschenkind!“, kichert ein dazu gekommenes Mädchen und lässt sich nicht einschüchtern. Ein anderes Kind nimmt den gesehenen Schädel als Inspiration, ein ganzes Skelett in den Schnee zu zeichnen. Sogar von der Sichtung einiger Eisbären in der sogenannten „Hohl“, einer schluchtartigen, kleinen Absenkung im belaubten Gelände, wird berichtet. 

 

Über einen schmalen Pfad auf den Hosenböden rutschend und unter einem Zaun hindurch geht es zurück in den Kindergarten. Dort liegen verschiedene Wintervögel bereit, diesmal als Ausmalbild.

 

Patricia Pitz, Familienreferentin im Spessartbund

Partner der Initiative